10. Juli 2017

Chosen? Auserwählt?

(please scroll down for English text***)
Gestern ging unsere europäische Bibelwoche zu ende. Mit Kindern, Studierenden, Eltern, (potentiellen) Großeltern aus 8 verschiedenen Ländern wurden wir sehr schnell zu einer munteren Familie, auch wenn wir in drei unterschiedlichen Gruppen auf jeweils ganz eigene Art an unserem Thema gearbeitet haben. „Auserwählt: was heißt das?“ Ist allein das Volk Israel Gottes auserwähltes Volk oder sind wir Christen durch Jesus Christus und unsere Taufe – oder unseren Glauben -  mit in den Kreis der Auserwählten aufgenommen? Recht schnell wurde klar, dass es darum gar nicht gehen muss. Wir können uns nicht selbst auserwählen und wir können uns die Auserwählung auch nicht verdienen. Gott allein wählt aus uns niemals dazu, dass man sich deshalb besonders gut oder spar anderen überlegen fühlen darf. Immer ist die Auserwählung mit dem Dienst an Anderen verbunden - zu allererst mit dem Dienst an Gott. Die Propheten in der hebräischen Bibel waren zumeist eher zögerlich, sei es weil sie sich nicht für gut genug befanden oder, weil sie den Auftrag eigentlich lieber nicht ausführen wollten. Auch das Volk Israel hat in der Menschheitsgeschichte oft einen hohen Preis dafür bezahlt, diesen direkten Draht zu Gott zu haben. Es ist kein Nachteil, nicht zu den Auserwählten zu gehören. Die Bibel spricht zwar von  Auserwählung allein durch Gottes freien Willen, nicht aber genau vorherbestimmter Verdammnis. Gottes Wille ist, so glauben wir, dass alle Menschen errettet werden. Über die Frage, ob der Mensch wiederum so viel freien Willen hat, seine Errettung willentlich zu verhindern, darüber sollen die Neuropsychologen spreiten. Ich vertraue in die Liebe Gottes, die höher ist alle menschliche Vernunft und Logik.
***Yesterday, we ended our European Bible Week. With children, students, parents and (potential) grandparents we were soon a lively family from 8 European countries, even if we approach our Topic on different paths. “Chosen. What does it mean?” Are the people Israel the only one chosen by God? Or do we Christians, by baptism and our faith, join in through Jesus Christ?  Soon we realized that this is really not the main question. We cannot chose ourselves and neither can we earn to be chosen. Only God chooses;  and never so that the chosen can simply feel good or even superior about him or herself. There is always a service involve, service to the others and first and foremost to God. The prophet in the Hebrew Bible were mostly not happy or keep to fulfill their mission, be it that they found the mission to difficult or themselves not good enough. The people of Israel in human history have often paid a high price for their direct link with God. It is not a disadvantage not to among the chosen. The Bible tells us of the chosen and eternal life promised from the beginning of time – it does not tell us of eternal damnation as anyone’s predestined fate. God’s will, so we believe, is for all people to be saved. Whether we people have enough free will to accept or avoid our own redemption is something I wil gladly let neuroscientists figure out. I trust in the love of God which is greater than all human understanding and logical reasoning.

7 Kommentare:

  1. Wirklich schöne Zeit miteinander, gute Stimmung und Themen die sehr interessant debattiert wurden.

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  2. Das lese ich natürlich sehr gerne. Heute nun doch den Link verschickt, also vielleicht gibt es bald noch mehr Kommentare. :-) Lieben Gruß. Tamara

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  3. Receiving the link really helps to be more assured that I am 'chosen' also for this blog (not that I was ever doubting, but still)!

    What does it mean to be chosen in this case? Most likely writing a few comments and sharing some thoughts and impressions. I suppose it can mean also just reading them because not everybody is a writer. It can mean also many other things, except one - asking, whether or not I am chosen? Maybe this example has limitations, but by receiving a link to this blog the question of our 'chosen-ness' is answered! YES!

    Why the answer did not seem so simple and clear in our discussions last week? How would our life change, if each one of us would stop asking "am I or am I not chosen?", but joyfully live out our chosenness? What do we gain by ever doubting and questioning in the name of "humility"? Is this question really so radically different from "What does it mean to be loved by God?" (Hopefully, we can all say YES to that!)

    As I said at the beginning of our Bible Week, I love questions!

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    1. Dear Andreta, thanks for your comment and food for thought. I like what you wrote and hope to live by it: trusting in the love of God, who will be with me whether he chose me for this or that purpose specifically or not. I like what Rabbi Rothschild said about being special, being wanted by God actually. I say YES to that.
      I do sometimes wonder if my 8and maybe other's) humbleness is simply cowardice, because what if i am chosen? Oh dear, I might have to change my life?

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  4. Und so wurde Berlin in seiner Auserwähltheit in den vergangenen Tagen zu Europa. Zu einem grösseren Europa, als es aufgrund seiner geographischen Lage ist.

    Ich stelle immer wieder mit Erstaunen und mit Freude fest, wie wenig es braucht um Menschen aus ganz unterschiedlichen Situationen und Ländern zusammen zu bringen. Eine gemeinsame Sprache, ein gemeinsames Lied in einer fremden Sprache, ein gemeinsames Thema - und schon sind es nicht mehr die vom Osten oder jene aus dem Süden, sondern wir.

    In einer Zeit und Welt, in welcher täglich von Mauern berichtet wird, ist diese Erfahrung sehr wertvoll und bereichernd. Wir standen in unserer kleinen Gruppe auf dem Alexanderplatz und erinnerten uns gut 30 Jahre zurück, als da noch eine scheinbar unüberwindbare Mauer Europa von Europa trennte. Menschen aus fünf verschiedenen Ländern, die trotz ganz unterschiedlichem Hintergrund und verschiedener Muttersprachen ohne Mauer auskamen.

    Sind wir auserwählt oder berufen? So einfach lässt sich die Frage auch nach dem Seminar nicht beantworten. Ich wünsche mir aber, dass sich unabhängig von der Antwort der eine oder andere Teilnehmer, die eine oder andere Teilnehmerin je nach Vermögen und Kraft immer wieder dazu aufgerufen fühlt, dort Mauern abzubauen, wo es wirklich keine braucht - in der Beziehung zwischen Menschen.
    In diesem Sinne möchte ich auch all denen danken, die sich im Rahmen der Bibeldialoge immer wieder dafür einsetzen, dass genau das entsteht: ein Dialog.
    Herzliche Grüsse, Selina

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    1. Liebe Selina, danke für Deine Zeilen, die meine Gedanken auch gut spiegeln. Mich erstaunt auch immer wieder, wie schnell Menschen bei den Bibeldialogen von Fremden zu einer Gemeinschaft werden, in der ja wirklich jeder und jede, auch die "Gewöhnungsbedürfigen" Platz finden. Vielleicht ist es, weil immer wieder einige dabei sind, die jegliche Mauern höchstens als Sitzgelegenheiten nutzen, um mit denen hier und drüben zu plaudern? oder weil die Erinnerung daran, dass das Evangelium uns verbindet, alle mitgebrachten Mauern bröckeln lässt?
      Liebe Grüße aus berlin und ein ehrliches "Auf Wiedersehen".
      Tamara

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  5. Begegnungstagung: ‚Europäischer Bibeldialog‘ in Breslau vom 9. bis 13.10.2019


    Spannender hätte die Themenstellung für den gerade zu Ende gegangenen viertägigen Europäischen Bibeldialog nicht sein können: „Europa. Kontinent der Versöhnung.“ Und das Ganze in Wroclaw (Breslau) mit einem Abstecher nach Krizowa (Kreisau), zu einem Zeitpunkt, an dem vor 80 Jahren Weltkrieg 2 durch den militärischen Überfall auf das Land, das uns jetzt als Gäste beherbergte, begann und mit einem Desaster und schrecklichen Folgen für Millionen Menschen endete.
    Wie gut, dachten wir, dorthin zu reisen, sich zu erinnern und über Versöhnung zu diskutieren. Auch gut zu wissen, dass Einsicht und Weitsicht inzwischen zu weitreichenden Verträgen zwischen 28 europäischen Staaten führte, mit dem übergeordneten gemeinsamen Willen, künftig Kriege zwischen Nationen unmöglich zu machen, Ländergrenzen praktisch nieder zu legen, wirtschaftliche Unterschiede zu verringern und das Zusammenleben stetig zu verbessern. Nur, fehlte in unserer Themenstellung nicht ein Fragezeichen? Die lebhafte Diskussion darüber zeigte, dass aufkeimendes egoistisches Gedankengut durch Populisten und nationalistisch gesinnte Parteien das Projekt Europa zu verhindern sucht. Als Gründe für die entstehende Abneigung gegenüber dem Projekt Europa werden die Gefährdung der nationalen Identität, das Fremd-gesteuert-sein und empfundene Bevormundung durch die Bürokratie der EU in den Vordergrund gestellt. Andererseits kämen Kompromisse und Solidarität mit den Schwachen in Europa und in der Welt zu kurz.
    Der gemeinsame Gang durch das bekannte Breslauer Viertel der gegenseitigen Achtung und die Fahrt nach Kreisau (Kryzowa) führten vor Augen, dass Voraussetzung für Versöhnung erst durch Frieden möglich werden kann. Versöhnung ist eine dauernde Aufgabe. Um sie in Gang zu setzen, sind Erinnern an das Vorgefallene und die Bereitschaft, sich zu versöhnen, wichtig.
    Die Teilnehmer des Bibeldialogs, aus 6 Nationen in Europa stammend, brachten ihre eigenen Erfah-rungen und Erlebnisse zu den vielfältigen Aspekten der Versöhnung ins Gespräch.
    Können wir als Christen mit unserer evangelischen Kirche eine Rolle im Versöhnungsprozess in Europa spielen? Oder ist Kirche überhaupt noch gefragt bei dieser Aufgabe? Wir erinnern,dass insbesondere Mitglieder der evangelischen Kirche
    an dem gewaltlosen Ablauf der friedlichen Revolution zum Ende der DDR-Zeit einen entscheidenden Anteil hatten.
    Sicherlich sind Begegnungen in der offenen Art der Europäischen Bibeldialoge für das Erinnern und Versöhnen im Kleinen wie im Großen ein wichtiger Beitrag, den in Europa nach dem (hoffentlich) letzten Weltkrieg eingeschlagenen Weg des friedlichen und versöhnlichen Miteinanders fortzusetzen.
    /KFH/

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